Tag 4: Bericht zur Lesung von Jaroslav Rudiš‘ „Vom Ende des Punks in Helsinki“ am 23.11.2014 im Bremer Theater
Von Kristin Krause
Man sollte meinen, dass alleine durch den Titel “Vom Ende des Punks in Helsinki”, Jaroslav Rudiš‚ neuestes Werk wie eine Bombe in Finnland einschlagen müsste. Seine finnische Lektorin, die nach einer gelesenen Seite den Roman in das Programm aufgenommen hatte, war ebenfalls davon ausgegangen. Dabei herausgekommen ist jedoch einziges Desaster, keine einzige Besprechung wurde über den Punk veröffentlicht. Rudiš freute sich trotzdem, immerhin wurde sein Werk auf Finnisch veröffentlicht.
Mit dieser Anekdote begann der tschechische Autor seine bereits vierte Lesung in Bremen. Er entschuldigte sich beim Publikum, am Vorabend sei er nach dem Auftritt seiner Kafka Band noch ins „Eisen“ gegangen, eine Kneipe, die ihn sehr an eine Kneipe in Prag erinnert. Er sei immer noch ein bisschen verkatert. Lesen tat er trotzdem und zwar so gut, dass man ihm hätte Stunden zuhören können. Es sei ein schwieriges Buch zum Übersetzen, erfuhren wir im anschließendem Gespräch. Den Erzählflow, den Rhythmus, kurz: das Musikalische im Text, das, was den Roman ausmacht, muss mit übersetzt werden. Dass das gar nicht so einfach ist, konnte man sich gut vorstellen, doch als Autor des Textes kannte Rudiš diesen Rhythmus genau, das merkte man bei seiner Lesung. Trotz des Katers.
Überhaupt ist die Kneipenkultur ein wichtiger Teil der tschechischen Kultur. Man trifft sich gemütlich auf ein Bier, aus dem dann schnell vier werden, und erzählt sich Geschichten. Kein Wunder, dass Rudis diese Kultur nicht nur hier in Bremen fortgeführt hat, sondern auch in seinem Roman. Da stellte die Kneipe „Helsinki“ einen der wichtigsten Schauplätze dar und auch Franks Idee der Weltgeschichte resultierte aus einem dieser Kneipenabende. Rudiš erfuhr dabei die Idee des Weltgeschichten-Kickers, und baute diese auch gleich in seinen Roman ein. Doch nicht nur um die Kneipenkultur ging es. Geschichte spielte eine wichtige Rolle, ebenso wie Punk, die Frage nach Rebellion aber auch um die Veränderung der Städte, bei der vor allem die Veränderung von Prag angeschnitten wurde.
Rock’n’Roll und Punk hatte Rudiš schon immer geliebt, genauso, wie Geschichte und die deutsche Sprache ihn schon immer fasziniert hat. Um Musik zu machen, war er zu untalentiert (abgesehen von seinem Part in der Kafka Band) und Schülern Deutsch und Geschichte beibringen hatte er schon nach drei Wochen wieder aufgegeben. All diese Themen in einen Roman zu verpacken und miteinander zu kombinieren gelang ihm dafür umso mehr. Dabei ging es ihm vor allem darum, die Kraft der Musik aufzuzeigen. Beispiel dafür war das Friedenskonzert in Pilsen, das laut Rudiš ein „Riesending“ war und viel bewegt hat.
Eigentlich aber, abgesehen von der ganzen Weltgeschichte, die darin stattfindet, ist der Roman ein Buch über seine Freundschaft mit Jaromir99, der genau den gleichen Satz zum Abschied sagt, wie Oles Freund Frank: „Wenn wir uns nie wiedersehen sollten: Es war schön mit dir.“