Für diejenigen, die es noch nicht wissen: Beschreibe kurz, was die Globale ist.
Die Globale ist ein Literaturfestival- das ist erstmal ganz klar. Während des Festivals kommen Autorinnen und Autoren nach Bremen und Bremerhaven. Die meisten von ihnen haben eine andere Muttersprache als Deutsch, schreiben allerdings auf Deutsch. Wir haben aber auch Autoren, die auf Französisch oder auf Spanisch schreiben… alle füllen mit ihrem Schreiben in irgendeiner Art und Weise den Begriff „grenzüberschreitend“ aus.
Wie bist du auf die Idee für die Globale gekommen?
Vor ungefähr zehn Jahren war es so, dass wenn man von dem Thema Integration sprach, man Leute im Kopf hatte, die irgendwie hilfsbedürftig sind, denen es schlecht geht, die nicht richtig Deutsch sprechen können, die den Sozialstaat belasten… das war das allgemeine Bild, das man hatte. Da ich Journalistin bin, hat mich das wahnsinnig geärgert. Ich finde es wichtig, auch zu zeigen, wieviel Potenzial vorhanden ist. Als Literaturredakteurin war es für mich offensichtlich, dieses Potenzial anhand von Literatur zugänglich zu machen. Die ersten Reaktionen waren allerdings sehr abweisend: Die Leute sagten, es könne überhaupt nicht sein, dass jemand, der eine andere Muttersprache hat, anspruchsvoll auf Deutsch schreiben kann. Und denen wollte ich zeigen, dass das doch geht.
Wie lange hat die Umsetzung von der ersten Idee bis zum ersten Festival gedauert?
Das ging sehr schnell. Noch im selben Jahr haben wir die Idee umgesetzt. Das war dann zunächst eine Veranstaltung in der Bremer Shakespeare Company. Wir wollten von Anfang an den Namen „Globale“ haben und sind sofort gestartet. Allerdings haben wir erst ein Jahr später ein richtiges Festival an mehreren Tagen daraus gemacht.
Wie kommst du auf die Autoren, die du einlädst? / Wie stellst du das Programm zusammen?
Die Globale ist von Anfang an eine Kooperation von verschiedenen Institutionen gewesen – das war mir sehr wichtig. Ganz ursprünglich haben wir es mit Exil P.E.N. gemacht, dann sind die Jacobs University und Radio Bremen dazu gekommen, dann die Universität Bremen und dann immer mehr und mehr. Inzwischen haben wir einen Verein gegründet, und die Ideen, wen man einladen sollte, kommen von den verschiedenen Mitgliedern des Vereins. Grundsätzlich müssen die Leute, die eingeladen werden, ein neues Buch veröffentlicht haben. Optimal ist es, wenn sie in dem Jahr auch noch einen Preis gewonnen haben und bei wir wollen, dass möglichst viele Autoren mit Jugendlichen zusammenarbeiten. Ich finde, dass diese Zusammenarbeit sehr, sehr gut funktioniert, weil da die unterschiedlichsten Impulse kommen, die auch immer irgendwie zusammenpassen.
Hattest du in neun Jahren Globale eine „Lieblingsglobale“?
Nein, das kann ich nicht sagen, aber ich habe wirklich teilweise sehr schöne Erinnerungen an bestimmte Momente der Globale. Aber was ich persönlich inzwischen wirklich sehr mag, sind die Begegnungen mit den Schülerinnen und Schülern. Vor zwei Jahren zum Beispiel war Michael Stavaric zu Gast, ein Autor, der aus Österreich kommt. Michael Stavaric hat in einer Schule in Gröpelingen vor 200 Grundschulkindern gesprochen, die zum ersten Mal in ihrem Leben bei einer Lesung waren, und hat mit ihnen Reime gebastelt und gelesen. Das war wirklich sehr schön und ungewöhnlich.
Gibt es einen Autor, den du unbedingt mal auf die Globale holen möchtest?
Ich würde mich sehr freuen, wenn Rafik Schami nach Bremen kommen könnte. Aber ich muss wirklich sagen, was uns entgangen ist, war die Geschichte mit Herta Müller. Die stand immer auf unserer Liste, als sie noch eine mittelmäßig bekannte Schriftstellerin war und wir haben es irgendwie nie so richtig auf die Reihe gekriegt, sie einzuladen. Es war auch keine Absicht dahinter. Und dann hat sie den Nobelpreis für Literatur bekommen.
Aber eigentlich interessieren mich auch immer die jungen Autorinnen und Autoren, also die, die noch nicht so bekannt sind. Es ist immer interessant zu sehen, wenn Leute ihr erstes Buch vorstellen und dann vielleicht später auch sehr bekannt werden. Dann kann man sagen: „Damals als sie noch niemand kannte, waren sie schon bei uns zu Gast.“ Das ist immer schön.
Was sollten wir auf der diesjährigen Globale keinesfalls verpassen?
Jede Veranstaltung ist ein Highlight. Man muss sich eigentlich für die Woche frei nehmen und von morgens bis abends dabei sein. Ein ganz besonderes Highlight ist natürlich die Eröffnung mit Sasa Stanisic und Sigrid Löffler.
Was sicherlich auch sehr interessant ist, ist die Veranstaltung am Dienstagabend in der Stadtbibliothek mit Juri Andruchowytsch und Katja Petrowskaja, da geht es um das Thema Ukraine. Auf Julien Delmaire freue ich mich total, der liest allerdings ausschließlich in Bremerhaven. Und ich freue mich auch besonders auf die lange Nacht im Bremer Theater mit der Kafka Band – das wird sicherlich ein kurzweiliger Musik-, Film-, Literaturabend werden.
Warum sollte jemand, der noch nie auf der Globale war, in diesem Jahr kommen?
Weil es einfach schön ist, neugierig im Leben zu sein. Man lernt immer etwas Neues, Überraschendes und das beflügelt, finde ich. Wenn man sich nur das Altbewährte anschaut, weiß man zwar, was man hat, aber ich finde im Leben ist es immer wichtig, etwas Neues kennen zu lernen.
Libuse Cerna ist die Gründerin und eine der beiden Festivalleiterinnen der Globale (neben Elisabeth Arend). Die Globale findet in diesem Jahr vom 20. – 29. November an verschiedenen Orten in Bremen und Bremerhaven statt.
Das Interview wurde geführt von Kristin Krause und Laura Höfler.