
Rezension von Sarah Stoffels
Fußball ist unser Leben! So skandieren es die meisten Figuren in Imran Ayatas Roman. Allen voran der junge Fußballer Arda, dessen ganzes Leben sich um den Ball dreht. Imran Ayata erzählt in seinem Roman Ruhm und Ruin die Geschichte eines Fußballklubs in einem Migranten- und ehemaligen Arbeiterviertel. Sein Roman basiert auf dem Theaterstück Liga der Verdammten, das 2013 in Berlin seine Premiere feierte.
In einer zwanglosen Jugendsprache erzählt Arda der Sohn ehemaliger, türkischer Gastarbeiter von seinen Erfahrungen auf und neben dem Fußballplatz. Neben ihm treten noch weitere zehn Personen auf, die jeweils in einem kurzen Kapitel über ihre Erfahrungen um den Fußballklub, ihre alltäglichen Probleme und ihre Lebensgeschichte berichten. In elf Kapiteln, die aus der Perspektive unterschiedlicher Figuren erzählt werden, entspinnt sich somit eine gesamtgesellschaftliche Kritik an den Zuständen, die in deutschen Großstädte durch fehlende oder falsch umgesetzte Integration vorherrschen. Auffällig ist, dass hierbei der Fußball als Mittel genutzt wird, Probleme anzusprechen und nicht nur auf Spiel und Sport reduziert wird.
Wie Spieler auf einem Fußballplatz werden Figuren ein- und ausgewechselt. Ist die übergreifende Handlung des Buches eher statisch, so entsteht in den kurzen Kapiteln jedes Mal eine kleine Entwicklung. Jede Figur fügt ein Stück zum Geschehen hinzu, das das Gesamtbild des Romans ausmacht. Die Kapitel sind eine Ansammlung von individuellen Perspektiven, die die gesamte Geschichte erzählen und somit ein Spiegelbild der Gesellschaft formen.
In diesen Kapiteln erzählen Fußballspieler, Vereinsfunktionäre und scheinbar Außenstehende von ihrem Leben. Dabei geht es vornehmlich um das Spiel, doch die zugrundeliegende Problematik des „Wir gegen Die“ trägt sich bis in alle Lebensbereiche der einzelnen Figuren und bleibt nicht auf dem Fußballplatz zurück. Nicht das profane Treten eines Balls wird hier beschrieben, sondern die Macht, die Fußball besitzt, wenn es darum geht, sich eine Identität aufzubauen.
Das Buch ist einfach zu lesen und lässt dank verschiedener Erzählperspektiven und Sprachstile keine Langweile aufkommen. Der Autor versteht sich darauf, seine Charaktere lebhaft und glaubwürdig darzustellen. Er schafft es, die unterschiedlichen Gesellschaftsperspektiven mit Hilfe der Figuren für den Leser nachvollziehbar zu gestalten. So kommt in dem Roman Ruhm und Ruin nicht nur der Fußballbegeisterte auf seine Kosten, sondern auch der, der sich mit dem Thema der gelingenden Integration befassen möchte. Denn hier erzählen nicht Politiker und Soziologen, wie sie sich das Miteinander in einer Gesellschaft vorstellen, sondern die Individuen, die verschiedene kulturelle Hintergründe haben, skizzieren ihr alltägliches Leben. Beschrieben wird nicht ein „So soll es sein“, sondern ein „So ist es“. Damit nutzt der Autor die vorherrschenden Vorurteile und Klischees, um sie zu entwerten.
Ruhm und Ruin, Imran Ayata, 2015, Verbrecher Verlag, 200 Seiten, 19,00 €