
Von Annika Schmidt
Ein Abend im prunkvollen Rathaussaal, gebührend dem Anlass. Dieser Ort für den Auftakt des Literaturfestivals zeigt, dass die globale° eine feste Institution in Bremen ist und Literatur auch gefeiert werden kann.
Doch genug vom ersten Eindruck. Der Abend war wunderbar gestaltet und hatte mit seinen unterschiedlichen Elementen viel zu bieten. Das Motto der diesjährigen globale° lautet „Transit“. Und wie auch in den letzten beiden Jahren ist dieses Motto hochpolitisch und gesellschaftlich aktuell. Unterwegs und nicht angekommen zu sein ist Thema vieler Werke, die Teil der globale° sind. Auch den beiden Eröffnungsrednern, Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte und Hauptgeschäftsführer der Unternehmerverbände Bremen Cornelius Neuman-Redlin, fiel sehr viel Kluges zu diesem Thema ein. So viel, dass Prof. Dr. Elisabeth Arend, die im Anschluss an die Lesungen mit Festivalleitung Libuše Černá das Programm vorstellte, nichts mehr zum Motto ergänzen wollte. Diese Redebeiträge rahmten den Hauptteil des Abends: Literatur, Gespräch und Musik.
Juri Tore leitete mit seinem Akkordeonspiel von den Reden in den Lesungs- und Gesprächsteil über und gab auch danach noch einige Stücke zum Besten. Einigen Zuhörer*innen war anzumerken, dass sie die Musik nicht so sehr interessierte wie die Literatur. Jure Tori war Teil des Abends, stand er doch auch im Titel der Veranstaltung und den damit verbundenen Respekt sollten so manche noch einmal überdenken.
Als eine der wenigen Veranstaltungen auf der globale° gab es neben der Musik nicht nur eine*n Autor*in zu erleben, sondern direkt zwei, die über ihre Arbeit berichteten und aus ihren aktuellen Werken lasen: Jaroslav Rudiš und Aleš Šteger. Beide erzählten zu Beginn des Gesprächs von der Zeit des Umbruchs 1989 und den damit verbundenen neuen Möglichkeiten. Auch berichteten sie von ihrer ganz eigenen Herangehensweise an ihre Werke. Rudiš beschäftigt sich mit der Vergangenheit, Šteger mit der Gegenwart. Nach dem Gespräch begann zunächst Aleš Šteger aus Logbuch der Gegenwart 2 – Aufbrechen zu lesen. Šteger fährt an unterschiedliche Orte auf der Welt und beschreibt, begegnet, nimmt wahr. Aus seinen Eindrücken aus Bautzen las er an diesem Abend und erheiterte das Publikum durch sein Gespräch mit dem Müllmann Helmut.
Nach Štegers Lesung machte sich Unruhe im Publikum breit, scheinbar war es doch etwas lang für einige, doch Jaroslav Rudiš holte alle gekonnt mit seiner lebhaften und gestenreichen Lesung aus seinem Roman Winterbergs letzte Reise wieder ab. Er begeisterte mit seiner Intonation des 99-jährigen Winterbergs, der noch ein letztes Mal mit der Eisenbahn nach Sarajevo fahren will, und dessen Begleiter und Pfleger Jan Kraus.
Und doch war der Star des Abends die wunderbare Moderatorin Silke Behl. Galant leitete sie von einem zum nächsten Punkt über, stellte kluge und wichtige Fragen an die Autoren und führte das Gespräch immer wieder zurück auf die Fragen, wenn es abzudriften drohte. Ihre Fragen und auch die Antworten der Autoren gaben viel Stoff zum Nachdenken darüber, warum unsere Welt so ist, wie sie ist. Frau Behl hat an diesem Abend großartige Arbeit geleistet und sich die leckeren Häppchen im Anschluss redlich verdient!